Nachtrag zur gemeinsamen Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) und des Polizeipräsidiums Rheinpfalz vom 13.09.2023

Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) erläutert ihr Vorgehen im Fall des 61-jährigen Beschuldigten der Tat vom 11.09.2023 in Edenkoben und weist Vorwürfe im Zusammenhang mit den Ermittlungen wegen Verstößen gegen die Führungsaufsicht zurück

Die Staatsanwaltschaft Frankenthal hat in der gemeinsamen Pressemitteilung vom 13.09.2023 ihr tiefes Bedauern und ihre Betroffenheit über die Tat am 11.09.2023 in Edenkoben ausgedrückt. Im Hinblick auf zwischenzeitliche Fragen möchte ich zum Vorgehen der Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) und insbesondere zur Anklageerhebung wegen Verstößen gegen die Führungsaufsicht ergänzend mitteilen:

Der 61-jährige Mann, welcher sich wegen des dringenden Tatverdachts der Freiheitsberaubung und des sexuellen Missbrauchs seit 11.09.2023 in Untersuchungshaft befindet, war nach Vollverbüßung einer Haftstrafe am 14.07.2023 aus der Justizvollzugsanstalt entlassen worden. Er stand unter Führungsaufsicht. Die Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) war zuständig für das Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts, der 61-jährige habe gemäß § 145a Strafgesetzbuch strafbare Verstöße gegen Weisungen während der Führungsaufsicht begangen.

Der sachbearbeitende Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) hat das Ermittlungsverfahren mit Hochdruck betrieben. Er hat nach Abschluss der Ermittlungen den nach § 145a Abs. 2 StGB nötigen Strafantrag der Führungsaufsichtsstelle persönlich eingeholt und dadurch im Vergleich zum üblichen Geschäftsgang Zeit gewonnen.

Der Oberstaatsanwalt hat am Freitag, dem 08.09.2023 Anklage zum Amtsgericht Neustadt an der Weinstraße erhoben und seine Anklageschrift mit einem Haftbefehlsantrag wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr verbunden.

Der Begriff der Anklageerhebung setzt nicht voraus, dass die Anklageschrift tatsächlich bei Gericht eingegangen sein muss. Der Eingang der Anklage bezeichnet erst den nächsten Verfahrensschritt, nämlich die Anhängigkeit bei Gericht.

Die Zuleitung der Anklageschrift vom 08.09.2023 an das Amtsgericht Neustadt an der Weinstraße war mit den dazugehörigen Akten in Papierform vorzunehmen. Die Akte ist am 14.09.2023 beim Amtsgericht Neustadt an der Weinstraße eingegangen.

In diesem Zusammenhang hat der mit der Sache befasste Oberstaatsanwalt in nicht zu beanstandender Weise von einer weiteren Verfahrensbeschleunigung abgesehen. Es gab zum Zeitpunkt seiner Entscheidung am Freitag, dem 08.09.2023, nämlich keine erkennbare Zuspitzung der Lage, welche Anlass für besondere Maßnahmen, wie etwa die Einschaltung eines Boten, geboten hätte. Auch der gestellte Haftbefehlsantrag drängte aus damaliger Sicht – und nur auf diese kommt es an – nicht zu außergewöhnlicher Eile.

Es bestand insbesondere nicht der präventive, also der Verhinderung künftiger Straftaten dienende Haftgrund der Wiederholungsgefahr im Sinn von § 112 a Strafprozessordnung. Die Voraussetzungen für den Haftgrund der Wiederholungsgefahr lagen im Zeitpunkt der Anklageerhebung und der Beantragung des Haftbefehls eindeutig nicht vor, da bereits kein dringender Tatverdacht hinsichtlich einer in § 112 a StPO zwingend notwendigen Katalogtat bestanden hat. Straftaten des Verstoßes gegen Weisungen der Führungsaufsicht unterfallen diesem Katalog nicht.

Der auf Flucht- und Verdunkelungsgefahr gestützte Haftbefehlsantrag diente vielmehr ausschließlich dem Zweck, eine Flucht oder eine Einwirkung auf Beweismittel für den Fall, dass dem Angeklagten in weiterer Zukunft die Anklageschrift durch das Gericht zugestellt wird, zu verhindern.

Zweck einer auf Flucht- und Verdunkelungsgefahr gestützten Untersuchungshaft ist ausschließlich die Durchsetzung des Anspruchs der staatlichen Gemeinschaft auf vollständige Aufklärung der Tat und rasche Bestrafung des Täters. Die Untersuchungshaft soll die Durchführung eines geordneten Strafverfahrens gewährleisten und die spätere Vollstreckung eines auf Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Sicherungsmaßregeln lautenden Urteils sicherstellen. Weitere Zwecke dürfen mit ihr nicht verfolgt werden.

Frankenthal (Pfalz), den 18.09.2023

LEITENDER OBERSTAATSANWALT

Hubert Ströber

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