Ermittlungsverfahren wegen der Gasexplosion in Ludwigshafen-Edigheim am 23.10.2014.
Im Verlauf einer Baumaßnahme kam es am 23.10.2014 im Bereich Ludwigshafen –Edigheim zu einer Gasexplosion, wobei das aus der beschädigten Gaspipeline austretende Gas an der Explosionsstelle eine über ca. 100 Meter hohe Flammensäule verursachte.
Durch die Gasexplosion kamen zwei Mitarbeiter der Baufirma ums Leben. Drei Mitarbeiter dieser Firma sowie ein Mitarbeiter der Betreiberin der Gaspipeline wurden zum Teil erheblich verletzt.
Ferner wurden durch die Gasexplosion und die durch die Flammensäule entstandene Hitze in einem Umkreis von bis zu 300 Metern mehrere Anwohner und Passanten leicht verletzt sowie eine Vielzahl von Gebäuden und Fahrzeugen beschädigt.
Ausweislich der vorgelegten Sachverständigengutachten waren ursächlich für den Gasaustritt zwei Perforationen der Pipeline-Rohrwand durch die Spundbohle, die bei den Bauarbeiten eingebracht werden sollte.
Die bisherigen Ermittlungen haben ergeben, dass die Spundwand mittels eines Baggers in die Erde getrieben wurde, ohne dass zunächst die Pipeline freigelegt worden war. Insbesondere bei Tiefbauarbeiten an Gaspipelines bestehen bei Verwendung von schwerem Arbeitsgerät besonders hohe Anforderungen an die Erkundigungs- und Sicherungspflichten bezüglich der Lage der Versorgungsleitung. Da diese Sorgfaltspflichten hier mutmaßlich dadurch verletzt wurden, dass die Spundwand ohne genaue Kenntnis des Verlaufs der Pipeline gesetzt wurde, besteht ein strafrechtlicher Anfangsverdacht gegen die für die Maßnahme verantwortlichen Personen.
Die Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) leitete deshalb ein Ermittlungsverfahren gegen zwei verantwortliche Mitarbeiter der Gasbetreiberin sowie den Bauleiter und den Polier der Baufirma wegen Verdachts der fahrlässigen Tötung, der fahrlässigen Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion, der fahrlässigen Brandstiftung und der fahrlässigen Körperverletzung ein.
Eine Sachverständige stellte bei der Untersuchung des geschädigten Rohrabschnittes, welcher nach dem Unfall ausgebaut worden war, auf dessen Rohrinnenseite gravierende muldenförmige Wandstärkenverluste fest .Teilweise war statt der ursprünglich vorhandenen Nennwandstärke der Gashochdruckleitung von 8,8 mm nur noch eine Restwandstärke von unter 1 mm vorhanden.
Die Struktur- und Genehmigungsbehörde Süd und das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie- und Landesplanung Rheinland-Pfalz wurden bereits über die festgestellte Materialveränderung des sichergestellten Rohrstückes der Gaspipeline in Kenntnis gesetzt.
Ein weiterer Sachverständiger gelangte aufgrund technischer Berechnungen zu dem Schluss, dass auch das umsichtige Freilegen der unter Druck stehenden Leitung aufgrund ihrer geringen Reststärke und des fehlenden Erdgegendruckes wahrscheinlich mindestens zu einer Undichtigkeit an der schwächsten Stelle des Rohres und damit zu einem Gasaustritt geführt hätte.
Ein zusätzlicher Sachverständiger soll nun durch praktische Versuche die Frage klären, ob - im Vergleich mit der durch das Eindringen der Spundwand ausgelösten Gasexplosion - ausgeschlossen werden kann, dass ein möglicher Gasaustritt aufgrund einer undichten Stelle der Pipeline auch bei umsichtigem Freilegen der Rohrleitung zu den eingetretenen Folgen geführt hätte.
Die Klärung dieser Frage ist erforderlich weil nach der Rechtsprechung als ursächlich im Rechtssinne für einen schädlichen Erfolg ein pflichtwidriges Verhalten nur dann angenommen werden darf, wenn sicher ist, dass es bei pflichtgemäßem Verhalten nicht zu dem Erfolg gekommen wäre.
Nach Einschätzung des Sachverständigen kann die äußerst aufwändige Versuchsreihe Ende März 2017 starten. Die Fertigstellung des Gutachtens stellte er für Oktober 2017 in Aussicht.
Frankenthal (Pfalz) den 20.10.2016
Hubert Ströber
Leitender Oberstaatsanwalt