Pressemeldung Staatsanwaltschaft Frankenthal Mord im Seniorenheim in Lambrecht – Anklage erhoben (Nachtrag zu den Pressemitteilungen vom 12.09.2016, 28.12.2016 und 02.01.2017)

Pressemitteilung vom 19. Juni 2017

In einem Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Ermordung und Misshandlung von Bewohnern des Alten- und Pflegeheims „Lambrechter Tal“ der AWO hat die Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) kürzlich vor dem Landgericht Frankenthal – Schwurgericht – Anklage gegen die drei inhaftierten Tatverdächtigten erhoben. Ihnen wird zur Last gelegt, von Juli 2015 bis Ende August 2016 als Mitarbeiter des Pflegeheims in wechselnder, zum Teil gemeinschaftlicher, Tatbegehung verschiedene Straftaten zum Nachteil der Bewohner begangen zu haben.

 

Einer 26-jährigen ehemaligen Altenpflegerin aus dem Kreis Bad Dürkheim, einem nun 24-jährigen ehemaligen Altenpflegehelfer aus dem Kreis Südliche Weinstraße und einem nun 48-jährigen ehemaligen Altenpflegehelfer aus dem Raum Bad Dürkheim wird dabei die gemeinschaftliche Ermordung einer 85-jährigen Heimbewohnerin im Dezember 2015, begangen durch die Verabreichung von Insulin und die anschließende Erstickung mit einem Kissen, vorgeworfen.

 

Dem 24-jährigen und dem 48-jährigen Angeschuldigten wird ferner die gemeinschaftliche Ermordung einer 62-jährigen Heimbewohnerin im Februar 2016 durch das Spritzen von Insulin zur Last gelegt.

 

Außerdem werden die beiden Pflegehelfer angeschuldigt, gemeinsam mit der 26-jährigen Pflegerin im März 2016 versucht zu haben, eine 89-jährige Heimbewohnerin durch die Beigabe von Morphin und Insulin zu ermorden.

 

In allen drei Fällen legt die Anklage den Angeschuldigten die Mordmerkmale „Heimtücke“ (also die bewusste Ausnutzung der Arg- und Wehrlosigkeit der Opfer) und „niedrige Beweggründe“ (weil die Angeschuldigten aus Langeweile und um ihre Macht gegenüber den Bewohnern auszuüben handelten) zur Last.

 

Darüber hinaus liegt den Angeschuldigten in mehreren Fällen die Misshandlung von Schutzbefohlenen zur Last, wobei sie in welchselnden Tatbeteiligungen handelten, es in einem Fall am 04.03.2016 darüber hinaus zu einem schweren sexuellen Missbrauch einer widerstandsunfähigen Bewohnerin mittels eines Gegenstandes (Wiener Würstchen) und in diesen sowie in weiteren Fällen zur unbefugten Fertigung von Bild- und Videoaufnahmen kam. Die Misshandlungen erfolgten laut Anklageschrift unter anderem durch das Bewerfen mit Gegenständen und die Verabreichung von Medikamenten, etwa Abführmitteln, ohne medizinischen Grund.

 

Schließlich wird den Angeschuldigten u.a. vorgeworfen in weiteren Fällen im Tatzeitraum gewerbsmäßig Wertgegenstände und Bargeld der Heimbewohner entwendet zu haben.

 

Die Angeschuldigten befinden sich seit Ende 2016 in Untersuchungshaft. Hinsichtlich der Misshandlungen und Diebstähle sind sie grundsätzlich geständig. Der sexuelle Missbrauch der Heimbewohnerin wird von allen drei Angeschuldigten bestritten. Die erste Tötung hat der 24-jährige Angeschuldigte eingeräumt. Die Beteiligung an dieser und die anderen Tötungen wird von den beiden anderen Angeschuldigten bestritten. Auch der 24-jährige bestreitet, an weiteren Tötungen beteiligt gewesen zu sein. Die Angeschuldigten belasten sich insoweit jedoch zum Teil gegenseitig.

 

Der Nachweis der Taten beruht im Wesentlichen auf der Auswertung des Inhalts der bei den Angeschuldigten sichergestellten Mobiltelefone.

 

Wegen möglicherweise begangener weiterer Tötungsdelikte der Angeschuldigten werden die Ermittlungen in gesonderten Verfahren fortgeführt.

 

Angewendete Vorschriften:

 

§§ 179, 201a, 205, 211, 223, 224 Abs. 1 Nr. 1, 225, 242, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 22, 23, 25 Abs. 2, 52, 53, 54 StGB, hinsichtlich des 48-jährigen Angeschuldigten auch gemäß §§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 263a StGB, hinsichtlich des 24-jährigen Angeschuldigten auch gemäß §§ 259, 260 Abs. 1 Nr. 1, 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 263a, 26, 27 StGB.

 

Hintergrundinformation zur Abgrenzung zwischen Mord und Totschlag:

 

Grundsätzlich fällt die Tötung eines Menschen unter den Straftatbestand des Totschlags (§ 212 des Strafgesetzbuches). Diese Vorschrift sieht einen Strafrahmen von fünf bis fünfzehn Jahren vor. Liegen besondere zusätzliche Merkmale vor, wird die Tat als Mord (§ 211 des Strafgesetzbuches) eingeordnet. Die Mordmerkmale sind ausdrücklich im Gesetz festgelegt und lauten

 

-        Mordlust

-        Befriedigung des Geschlechtstriebs

-        Habgier

-        Niedrige Beweggründe

-        Heimtücke

-        Grausamkeit

-        Gemeingefährliche Mittel

-        Ermöglichung oder Verdeckung einer anderen Straftat

 

Für Mord lautet die Strafandrohung lebenslange Freiheitsstrafe. Nur bei besonderen Strafmilderungsgründen und im Falle einer versuchten Tat kann das Gericht von der Verhängung dieser Höchststrafe absehen.

 

 

Frankenthal (Pfalz), den 19.06.2017

LEITENDER OBERSTAATSANWALT

 

 

 

Ströber

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